19 Dez Im Interview mit Michael Kunz: Digitale Kundengewinnung und Kundenbindung
Digital Marketing gewinnt zunehmend an Bedeutung und löst zuweilen auch traditionelle Marketingwerkzeuge ab. Woher kommt dieser Trend und was gilt es für KMU heute zu beachten, wenn es um die Ausgestaltung der sogenannten User Journey geht? In unserem Interview zeigt Michael Kunz, Managing Partner bei der Oberholzer Online Marketing GmbH auf, wie sich die Entscheidungswege der Kunden im digitalen Zeitalter verändern und welche Möglichkeiten sich daraus für eine erfolgreiche Kundengewinnung und die nachhaltige Kundenbindung ergeben.
Interview von Tanja Regli
Digital Marketing gewinnt zunehmend an Bedeutung und löst zuweilen auch traditionelle Marketingwerkzeuge ab. Woher kommt dieser Trend und was gilt es für KMU heute zu beachten, wenn es um die Ausgestaltung der sogenannten User Journey geht?
Eines vorab – eine User Journey gab es immer und wird es immer geben, ob Online oder Offline. Viele KMU sind möglicherweise noch Digitale Dinosaurier, aber sie sind bis hierhin gekommen, und dafür gebührt ihnen Respekt.
Der mögliche Kunde wird dank dem Internet immer mündiger und das gilt für B2C oder B2B Modelle, denn auch Firmen fällen Kaufentscheide als Menschen.
Potenzielle Kunden wollen heute einen immer grösseren Teil im Evaluationsprozess selber gehen. Sich im Web, über Google Suchanfragen, auf Blogs, bei Vergleichsplattformen, in den Sozialen Medien und so weiter selber in eine Materie einlesen und sich so ein Bild machen. Dieser Prozess verläuft aber keineswegs, wie von den Firmen oft erträumt, geradlinig. Es ist eher ein ständiges auf und ab und hin und her zwischen Blogs, Social Media, Ads, persönlichen Gesprächen, Magazinen und und und. Das bedeutet, dass ich heute möglichst viele, für meine Persona (Zielgruppe) relevanten Touchpoints im Internet schaffen muss, um einen möglichen Prospect (Interessenten) überhaupt auf mich aufmerksam machen zu können. In einem zweiten Schritt gilt es, die effektive Person hinter dem Webseiten Besucher identifizieren zu können. Dies geschieht heute oft über Gated Content – d.h. Inhalte welche nur gegen Angabe der Kontaktdaten verfügbar werden (eBook, Whitepaper, Gratisdemo, Newsletter…).
Warum ist die Identifikation von Seitenbesuchern so wichtig?
Bis zum Ausfüllen eines Formulars ist die Person für den Anbieter mehr oder weniger ein “Unbekannter”. Durch die erhaltenen Angaben wird klar, wer sich da konkret für ein Angebot interessiert. Ist ein Marketing Automation Tool für Inbound Marketing im Einsatz, kann ab diesem Zeitpunkt jede Aktivität einer Person auf der eigenen Webseite verfolgt und bewertet werden.
Ganz wichtig ist aber: Jemand, der auf deiner Webseite etwas herunterlädt, oder sich für den Newsletter anmeldet, ist nicht per se bereit von dir im Verkaufsprozess persönlich angegangen zu werden.
Wie ist das zu verstehen?
Wenn wir von Kundenbindung sprechen, muss der Kunde erstmal gewonnen werden. Viele Firmen kennen im Marketing- und Verkaufsprozess folgende Phasen, welche im CRM abgebildet werden: Webseitenbesucher -> Lead -> Kunde
Beachtet man aber die eingangs erläuterten Punkte, braucht es idealerweise mehrere Phasen. Eine Person, welche sich für den Newsletter einschreibt, ist noch lange kein Lead! Es gilt genau zu verfolgen, wie sich die einzelnen Personen verhalten und im richtigen Moment den Verkaufsprozess anzustossen. Wir empfehlen hier den Einsatz eines Marketing Automation Tools wie HubSpot oder Pardot, welche ein dynamisches CRM für Marketing und Verkauf integriert haben. Dies ergibt dann folgende möglichen Phasen:
Webseitenbesucher -> Subscriber -> Lead -> Marketing qualified Lead -> Sales qualified Lead -> Kunde -> Referenzkunde / Wiederkehrender Kunde
Soweit so gut, aber wie wird denn ein Subscriber oder Lead zum Kunden?
Dies geschieht über personalisierte, relevante und doch automatisierte E-Mails. Anhand der Reaktion auf diese E-Mails (Klicks, Öffnungsrate etc.) “sammelt” der Subscriber oder Lead Punkte in meinem CRM und bewegt sich im Sales Funnel vorwärts. Es kommt dann der Moment, wo der Verkauf übernehmen muss und es den potenziellen Kunden zu kontaktieren gilt. Dieser Punkt ist je nach Branche und Umfeld anders. Das heisst, in einer User Journey kann Digital Marketing, ausser bei ganz wenigen SaaS Angeboten, nicht den Deal automatisch abschliessen! Es braucht hier, im Verkauf, immer die Komponente Mensch. Ist der Kunde gewonnen, gilt es dessen Status dann auch im CRM entsprechend anzupassen.
Kritisch gefragt, wir wollten einen Input zur Kundenbindung, nicht zur Kundengewinnung. Wie passt das zusammen?
Kundenbindung setzt voraus, dass da erst ein Kunde ist. Darum war es mir wichtig aufzuzeigen, wie Kunden heute gewonnen werden können. Ist ein Kunde gewonnen, gilt es diesen bei der Stange zu halten. Dies geschieht heute am besten über Newsletter, Online Umfragen, Webinare, hilfreiche Blogs, Kundenevents oder Kundengeschenke. Bei den beschriebenen Online wie Offline Massnahmen gilt; immer schön relevant sein! Kunden wollen heute begeistert, nicht gelangweilt werden. Oder wie verfährst du mit nicht relevanten Infos von Firmen bei denen du Kunde bist?
Warum ist jetzt Kundenbindung so wichtig?
Eine gute Kundenbindung zieht so einige positive Aspekte mit sich. Zufriedene Kunden werden wieder bei dir kaufen und haben damit einen direkten und positiven Einfluss auf den Geschäftserfolg. Weiter können zufriedene Kunden oftmals als Referenzkunden eingesetzt werden oder sie äussern sich selbständig im Web positiv über deine Firma oder deine Leistung, was wieder einen Einfluss auf die Akquisition von Neukunden haben kann. Ich durfte gerade selber folgendes Beispiel erleben:
Mein im CH-Fachhandel lokal gekauftes Velo wurde gestohlen. Beim Anruf zur Beschaffung der Kaufquittung, wegen dem Diebstahl, kein Wort des Bedauerns, keine Offerte für ein neues Fahrrad vom Fachhändler, kein Angebot zur Miete bis ich ein Neues habe. Gleichzeitig habe ich auf Instagram ein Photo des gestohlenen Velos unter @Mention des Herstellers gepostet und mich traurig über den Verlust geäussert. Keine 4 Stunden später erhielt ich ein “sorry to hear that you got your bike stolen – let us help you out” vom finnischen Hersteller und das Angebot für eine Direktbestellung mit einem Rabattcode direkt bei ihnen im Webshop. Was glaubst du, was ich gemacht habe?
Dein “Wunsch” für das Jahr 2017?
Ich wünsche mir eine “globalere” Betrachtungsweise bei den Schweizer KMU zum Thema Marketing. Es gibt nicht Online-, Social Media-, Print-, Event-, Anzeigen-, usw. Marketing, es gibt nur Marketing. Weiter wünsche ich mir, dass die KMU aufhören, die Digitalisierung als Bedrohung zu sehen, sondern 2017 aktiv ihre Chancen, welche sich ihnen mit der Digitalisierung bieten, ergreifen. Die oben beschriebene Kundengewinnung und Kundenbindung kann als Digitalisierung von Marketing und Verkauf angesehen werden, so heruntergebrochen ist das Wort “Digitalisierung” hoffentlich schon viel weniger bedrohlich.
Herzlichen Dank Michi für diese spannenden Einblicke!
Michael Kunz ist Managing Partner bei Oberholzer Online Marketing GmbH in Luzern. Als Agentur für Online Marketing Strategien helfen sie ihren Kunden, Digital gesamtheitlich zu denken und ihnen einen statthaften und sichtbaren Platz im Internet zu verschaffen. Oberholzer Online Marketing hilft Schweizer KMU, relevante Inhalte zu kreieren, Kunden über Erlebnisse zu erreichen und qualifizierte Leads zu generieren.